Know the rules!
Regeln stellen wir normalerweise in Gruppen auf, damit allgemeine Interessen gewahrt werden und wir uns im Miteinander wohlfühlen. Essentiell dabei ist, dass die Regeln im gemeinsamen Einverständnis aufgestellt werden. Sie sollen Frustration abbauen, statt sie zu erzeugen.
Wer Regeln selbst mitbestimmt hat, hält sich viel eher an sie.
Im Idealfall gibt es nicht mehr als neun Regeln- denn an mehr können sich Menschen kaum halten.
Dies gilt für Kinder wie für Erwachsene - von Kleinkindern und Babys können wir nicht mehr fordern.
"Neun Regeln?" Denken Sie jetzt. Und: "Regeln gemeinsam aufstellen?"
Wohl kaum möglich mit Babys, Kleinkindern und Kindern unter 5 oder 6 Jahren.
Ich sage: Doch!
Grenzen vs Regeln
Zuerst sollten Sie sich überlegen: Was von dem, was Sie sich wünschen, sind Grenzen - und was Regeln?
Im Gegensatz zu Regeln sind Grenzen nicht allgemeingültig. Alles, was jetzt gerade im Moment nicht möglich, angemessen oder vertretbar ist- stößt auf Grenzen und verletzt keine Regeln.
Hier reicht es, in dem Moment jeweils die Grenze aufzuzeigen, zu erläutern, wie sich das Verhalten auf das Umfeld auswirkt, und die Grenzen zu wahren. Alternativen zu suchen, sodass möglichst alle zufrieden sind. In den Momenten, in denen sich keine Grenzen auftun- einfach weitermachen.
Was sind Regeln?
Was sind dann also Regeln? Regeln sind allgemeingültige Dogmen, die möglichst klar definiert sind und ein bestimmtes Ziel verfolgen. Vergleichen Sie sie mit Gesetzen.
Ein Gesetz muss klar verständlich und sinnhaft sein (wobei der Sinn auch allen klar sein muss), und muss sehr, sehr konkret definieren, was genau unter welchen Umständen nicht erlaubt ist.
Zu kompliziert? Natürlich sollen Sie Ihrem Zweijähirgen keine detaillierten Definitionen an den Kopf werfen.
Doch: Für sich selbst sollten Sie - zumindest in Gedanken und unbedingt mit dem Partner gemeinsam - einmal ausformulieren, was genau Sie eigentlich wollen.
Lesen Sie hier den ausführlichen Beitrag zum Thema: Grenzen setzen und den Unterschied zwischen Grenzen und Regeln.
Sie werden schnell feststellen, dass Vieles einfach Grenzen sind. Unter bestimmten Umständen wäre dies okay- unter anderen nicht. Weg von der Liste. Diese müssen nur dann benannt werden, wenn etwas gerade nicht in Ordnung ist. Dann erklären Sie dem Kind die Umstände und zeigen ihm auf, welche Umstände veränderbar sind, sodass es niemandes Grenzen verletzt.
Fragen Sie sich: Welche Dinge dürfen wirklich nie, nie, niemals getan werden?
Das ist ganz schön schwer:
Am Tisch nicht rumalbern - na! Sicher sind manche Späße, die nicht bestimmte individuelle G r e n z e n überschreiten, okay. Bestimmt lächeln oder lachen Sie über das Eine oder Andere. Tolerieren die erste und zweite zermatschte Tomate. Bevor es Ihnen zuviel wird und der Spaß wieder aufhören soll Also: Keine Regel. Eine Grenze.
Die Schuhe beim Reinkommen ausziehen - wirklich immer, von allen, grundsätzlich, nur mit sehr bestimmten Ausnahmen? Eine Regel!
Versuchen Sie, neun Regeln zu finden - vermutlich wird das nicht so leicht.
Leere Regeln
Regeln sind wie Gesetze: Sind sehr klar definiert, der Sinn ist allen bekannt, es gibt nur ganz spezielle Ausnahmen. Grenzen kommen auf, wenn ein bestimmtes Verhalten bis zu einem gewissen Grad okay ist- und dann stört.
Streichen Sie "leere" Regeln: Alle Formulierungen wie: "Man tut xy (nicht)!" oder: "Wir tun xy (nicht)!" - sind, ehrlich gesagt: Nullaussagen. Natürlich gibt es Menschen, die das tun. Natürlich tun "wir" das manchmal eben doch. Seien Sie ehrlich. Dann entwicklen sich die meisten dieser Dogmen zu Grenzen: Statt "Man ist nicht laut" (Natürlich ist jeder Mensch auch mal laut!), sagen Sie: "Jetzt tun mir meine Ohren schon weh. Sei bitte etwas leiser" und lassen Sie Ihr Kind laut sein, wenn es keinen Grund gibt, es darin gerade einzuschränken.
Woher soll ein Kind oder Kleinkind wissen: "Na, das meine ich doch, wenn ich das sage!"? Eben. Sagen Sie es so, wie Sie es meinen. Kinder werden von diesen Allgemeinaussagen verwirrt und Sie machen sich unglaubwürdig (denn Kinder sehen, dass Ihre Aussagen nicht stimmen), und fühlen sich grundsätzlich eingeschränkt und frustriert. Außerdem lernen sie nicht, unter welchen Umständen "man" das tun oder nicht tun darf.
Regeln aufstellen
Regeln sollte es nur wenige geben, die aber sehr bindend sind. Verlässlich. Formulieren Sie sie positiv: ein "nicht" wird vom Gehirn nicht verarbeitet. Das ist die Sache mit dem rosa Elefanten...
Machen Sie eine Liste positiver Regeln, woran sich gehalten werden soll. Für alle Regeln (wie auch Gesetze!) gilt:
Regeln müssen bekannt und erfüllbar sein!
Wie kranke, behinderte, oder sehr junge Menschen nicht für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden können, ist es auch Ihre P f l i c h t zuallererst zu prüfen, ob Ihrem Kinde bewusst war, dass es eine Regel verletzte, und ob Sie von ihm hätten erwarten können, anders zu handeln! (Bis etwa 2,5 Jahren können sich Kinder Regeln z.Bsp. gar nicht zuverlässig merken. Bis 4 Jahren nicht verstehen, dass sie in uns Emotionen auslösen, uns "ärgern")
"Man tut das nicht" und "wir tun das nicht", "weil das so ist" und "weil ich das sage" gibt Kindern keine Orientierung. Sie sind verwirrt, denn sie sehen, dass diese Dinge eben doch von Ihnen oder anderen Menschen getan werden. Sie verwerfen diese falschen Aussagen und orientieren sich an dem, was sie sehen. Je nach Alter begreifen sie bewusst, dass Sie sich als Eltern unglaubwürdig machen und selbst keine Erklärung wissen.
Regeln müssen für alle gelten!
Kinder lernen durch Spiegelneuronen. Sie imitieren, was Sie tun. Wenn Sie als Eltern Regeln nicht einhalten, verwirrt das die Kleinen, Sie werden die Regeln verwerfen, und Sie immitieren. "Raufen" Sie z.Bsp. die Katze liebevoll, sieht das für das Kind wild aus. Es wird es nachmachen- und kann natürlich seine Kraft noch nicht so einschätzen, wie Sie das können. Es wird nicht verstehen, warum es das nicht darf, wo Sie das in seinen Augen doch auch taten.
Verletzen Sie Regeln also, wenn das Kind es nicht sieht. Ein "weil ich groß/erwachsen bin!" versteht Ihr Sprössling nicht. Es will unso mehr auch groß und erwachsen sein, also wird es das tun, was Sie tun.
Regeln müssen verletzbar sein!
Regeln verfolgen ein bestimmtes Ziel. Wie auch vor Gesetz, ist es völlig okay, wenn ein Kind eine Regel verletzt, wenn die Umstände das erforderten oder rechtfertigten. Natürlich darf es mit den Schuhen an den Füßen ins Bad rennen, wenn es schon beinahe in die Hose macht.
Wenn Regeln partout nicht angenommen werden, müssen sich die Regeln ändern!
Wie auch kein Gesetz verabschiedet wird, das die meisten einfach nicht haben möchten- stimmt auch etwas mit Ihren Regeln nicht, wenn sie partout nicht eingehalten werden. Gehen Sie erneut in Klausur, versuchen Sie zu verstehen, was auf Gegenwehr stößt und ändern Sie Ihren "Gesetzesentwurf", oder ziehen ihn zurück.
Wir sind Kläger, Anwalt und Richter!
Was die ganze Sache so schwer macht: Das Kind kann sich noch nicht äußern. Es kann sich nicht erklären, warum es dies oder das (nicht) tat, kann nicht sagen, dass es einfach vergessen hat, oder nicht wusste, dass dies oder das zu beachten gilt.
Regeln...
müssen bekannt und erfüllbar sein
müssen für alle gelten
müssen verletzbar sein
müssen geändert oder verworfen werden, wenn sie nicht angenommen werden
Es ist unsere elterliche Pflicht, Anwalt unserer Kinder zu sein. Ihnen Fragen zu stellen, die ihnen die Möglichkeiten geben, eine Stimme zu haben. Sonst werden Sie sich auch dann nicht äußern können, wenn sie über ihren Wortschatz verfügen. Alles andere wäre auch sehr unfair.
Wir als Eltern sind Kläger, Anwalt und Richter.
Wir müssen den Kindern zeigen, dass sie Grenzen oder Regeln verletzten. Das ist unsere Verantwrotung. Doch bevor wir über sie "richten", müssen wir unsere richterliche Pflicht erfüllen: Prüfen, ob die oben stehenden Prämissen zutreffen. Dazu gehört, den Anwalt des Kindes zu befragen. Was ebenfalls wir sein müssen. Also prüfen Sie fairerweise, ob Sie wirklich erwarten konnten, dass diese Regel eingehlaten wird, ob es mildernde Umstände gab, ob Sie sich selbst daran halten, und ob vielleicht mit der Regel etwas nicht stimmt.
Bis dahin: Denken Sie daran: I Z f d A - Im Zweifel für den Angeklagten!
Wir sind "Kläger": Wahrnehmen, dass das Kind eine Regel verletzt hat
"Anwalt": Das Kind "anhören" und prüfen, ob es zur Verantwortung gezogen werden kann
"Richter": Entscheiden, ob wir den Regelverstoß benennen und besprechen, oder nicht
Und: zu "Boswill" oder brechnenden Handlungen, die das Kind "extra" tut, sind unsere lieben Kleinen bis fünf, sechs Jahren gar nicht in der Lage.
Belohnen und strafen Sie nicht
Lob, Belohnungen und auch Strafen sorgen nicht dafür, dass Regeln eingehalten werden. Sie mögen kurzfristig funktionieren, dann aber aus dem Grund, dass das Kind entweder Angst vor Bestrafung hat- und mit wachsendem Alter dann dazu neigen wird, Dinge heimlich zu tun und zu lügen, und sich nicht zu trauen, zu erzählen, wenn ihm ein Missgeschick passiert ist-
oder, dass sie Verhaltensweisen zeigen, um ein Lob oder eine Belohnung zu bekommen. Das mag erst angenehm sein, doch mit der Zeit wird es andere Dinge finden, für die es mehr Lob oder Belohnung bekommt (denn man möchte immer eine Steigerung haben), und wird ganz automatisch nur noch das tun, was ihm die meiste Belohnung einbringt. Die Regel ist ihm dann egal, und es wird im Zweifel auch schwindeln, um belohnt zu werden.
Meine 9 Regeln für Kleinkinder
Ich habe für mich selbst - als Beispiel - einmal überlegt, welche neun Regeln ich im Zusammenleben mit Kleinkindern habe:
- Schuhe im Eingangsbereich ausziehen
- Toilettendeckel schließen.
- Aufhören, wenn jemand "Nein!" oder "Stopp!" oder "Aufhören!" sagt.
- Stehen bleiben, wenn ich im Straßenverkehr "Stopp", "Stehenbleiben" oder "Warte" rufe.
- Vor Bordsteinkanten stehenbleiben.
- Behutsam mit den Katzen umgehen.
- Behutsam mit anderen (v.A. schwächeren) Menschen umgehen.
- Zähne putzen.
- Finger weg vom Katzenklo!
Mit wachsendem Alter der Kinder können die Regeln natürlich grober gefasst werden, und auch allgemeiner formuliert sein. Ich habe bei der Liste an Kleinkinder bis zu etwa 4 oder 5 Jahren gedacht. Danach bietet sich schon ein gemeinsames Aufstellen von Regeln oder eine Familienkonferenz an. (Nein, das ist nicht so anstrengend, wie es klingt! Das geht ganz schön als gemeinsames Ritual, ungezwungen.)
Wie ich diese Regeln nun konkret "durchsetzen" würde- und dass immer noch ich die Hauptverantwortung habe, dass das Kind sie einhalten kann, erzähle ich in einem Extrabeitrag.
Welche 9 Regeln haben Sie für sich gefunden?
Lesen Sie hier: Kinder kommen unfertig zur Welt- was Sie von Ihnen erwarten können, und was nicht
